Potion Party im Test: Willkommen im Brauhaus
Zaubertränke zu brauen ist ja in Videospielen kein ungewöhnlicher Vorgang. Mit Potion Party bietet der Indie-Entwickler RP Games aus Leipzig, unterstützt von den Publishern FusionPlay und Top Hat Studios, nun allerdings die Möglichkeit, das brodelnde Gebräu mit einer Prise Party-Action à la Overcooked zu würzen. Der Braukessel steht hierfür bereit. Ob aber auch die dafür notwendigen Zutaten vorliegen, damit der Trank gelingt, zeigt euch unser Test.
Zaubertrankbrauerei auf Bestellung
In Potion Party nennen wir einen auf Zaubertränke spezialisierten Alchemie-Laden unser eigen und diesen gilt es natürlich fleißig zu betreiben. Zunächst müssen wir selbstredend erst einmal dafür sorgen, dass wir im Produktionsbereich unseres Ladens überhaupt Zutaten zum Verarbeiten vorrätig haben. Also bauen wir eifrig verschiedene Sorten an Früchten an, wobei sich die Anpflanz-Arbeit lediglich auf das einmalige Gießen der vorgegebenen Pflanzkästen beschränkt. Nach einer kurzen Reifezeit ernten wir dann tatkräftig die entsprechenden Erträge. Diese verarbeiten wir anschließend per Mörser und Stößel zu einem Pulver in der Farbe der Frucht. Mit Hilfe eines Braustands und einer ordentlichen Portion Wasser brauen wir schließlich die zermahlenen Früchte zu unseren Tränken und füllen sie ab.
Nun klingt dieses Prinzip nicht sonderlich schwer. Das ist es natürlich auch nicht, aber die Krux des Spiels liegt in der Zeit. Ähnlich wie bei Overcooked oder Moving out müssen wir nämlich innerhalb einer vorgegebenen Zeit einen bestimmten Umsatz generieren und dabei Produktion und Verkauf gleichzeitig unter einen Hut bekommen. Großartig Spielraum, um uns einen Vorrat an fertigen Tränken anzulegen bis der erste Kunde auf der Matte steht, haben wir nicht – weder reicht uns der Platz noch gar die Zeit. Ein eiliges hin-und-her-Wetzen innerhalb unseres Ladens vom Produktionsraum, wo wir schnell noch den Braustand fertig auffüllen, damit der nächste Trank schon mal vor sich hin brodeln kann, zur Verkaufstheke, um rasch den Kunden zu bedienen, zum Gießen der Pflanzen und zurück zum Braustand, ist also permanent an der Tagesordnung.
Potion Party verfolgt dabei keine Story, sondern besteht aus zwölf unabhängigen Stages mit unterschiedlichen Anforderungen. Haben wir einen Level erfolgreich absolviert, schalten wir das nächste frei und können uns voller Tatendrang nun auch dort in einen neuen Arbeitstag stürzen.
Brauen, Brauen, mich packt das nackte Grauen…
…Was muss ich denn da machen? Unser Laden floriert nämlich ausschließlich durch Laufkundschaft und wir kennen daher natürlich im Voraus die Kundenwünsche nicht. In den meisten Fällen müssen wir also schleunigst die Finger fliegen lassen, um das bestellte Gebräu live vor den Augen des Käufers anzufertigen. Glücklicherweise sind die Kunden anders als im wahren Leben recht geduldig, aber bis in alle Ewigkeit warten sie auch nicht. Sind wir nicht schnell genug, verlassen sie enttäuscht den Laden – und wir bleiben oftmals auf unserem Trank sitzen. Denn in der Regel möchte der nächste Kunde ja dann wieder eine komplett andere Flasche kaufen als noch der eben von dannen gezogene Beinahe-Abnehmer…
Im Verlauf des Spiels steigen die Kundenanforderungen an und wir verfeinern dementsprechend unsere Kunst des Zaubereitrankbrauens immer weiter. Bestehen unsere Tränke zunächst noch aus den drei Grundfarben rot, blau und gelb, so müssen wir diese später auch mischen oder zusätzlich mit Asche versetzen, die wir ebenfalls erst mal noch herstellen müssen. Wie in einem solchen Partyspiel üblich, gibt es dabei auch noch weitere Hindernisse zu bewältigen, denn es tauchen zahlreiche, ungeladene Widersacher auf, die uns mächtig in den Zaubertrank spucken wollen.
Mit Erschrecken müssen wir nämlich feststellen, dass wir unseren Laden dummerweise auf verfluchtem Terrain eröffnet haben. Es spukt darin und es fliegen immer mal wieder Geister quer durch unser Geschäft. Erwischt uns einer davon, fällt unserer Spielfigur vor Schreck alles aus der Hand und ist angesichts der gesichteten Geistererscheinung erst mal so durch den Wind, dass unsere Steuerung temporär komplett umgedreht wird. Des Weiteren tauchen öfter bunte Schleimwesen auf. Vermeintlich knuffig aussehend, sind sie doch mit äußerster Vorsicht zu genießen, denn sie sind sehr klebrig. Bleiben wir an ihnen hängen, werden wir komplett ausgebremst und kommen nur noch zäh voran. Zudem haben wir uns wohl schnell einen so guten Ruf erarbeitet, dass wir prompt dreiste Diebe anziehen, die uns ihr Diebesgut auch mal direkt aus der Hand reißen. Glücklicherweise können wir uns aber gegen die meisten der Gegner zur Wehr setzen, denn so geht das ja wohl nicht!
Bitte ein paar Bit
Potion Party ist vollständig in einer süßen Pixel-Art-Grafik gehalten, die einen gewissen Retro-Charme besitzt. Wir schauen ganz im Stile alter RPG aus einer leicht schrägen Vogelperspektive auf eine 2D-Welt hinunter.
Die Kamera ist durchgängig starr auf das Geschehen gerichtet. Unser Blickwinkel bleibt also stets gleich. Auch der Ladenaufbau selbst ist trotz unterschiedlicher Anforderungen in jedem Level nahezu identisch. Lediglich erworbene Gegenstände verändern die Laufwege etwas. Allerdings können wir hierbei nicht selbst Hand anlegen und zum Beispiel bestimmen, wo der neue Tisch hingestellt werden soll. Zudem können wir auch einmal gekaufte Ergänzungen nicht mehr entfernen. Schön ist allerdings, dass durch die Käufe ebenfalls das Layout in den ersten Level rückwirkend umgestaltet wird.
Sämtliche Charaktere und Gegenstände finden sich ebenfalls gut im Grafikstil ein. Sie sind deutlich sichtbar und zugleich sehr knuffig dargestellt. Eine Sprachausgabe gibt es in Potion Party nicht. Die knappe Sounduntermalung der Charaktere ist dennoch gelungen. So ist das hämische Lachen, das die Diebe ankündigt, eher witzig als angsteinflößend, und wenn sich die Kunden über ihren Trank freuen, freut man sich automatisch mit.
Auch die Gestaltung der Musik ist gut umgesetzt. Während diese im Hauptmenü noch etwas mittelalterlich angehaucht ist und daher passend zum Thema Alchemie an die Hintergrundmusik klassischer Rollenspiele erinnert, hat die Levelmusik einen eher fröhlichen Grundton, die gut zu der süßen Optik passt. Gleichzeitig gibt sie im Hintergrund aber auch einen gewissen Takt vor, was wiederum die Schlagzahl der zu erledigenden Aufgaben untermalt. Dabei ist sie aber nie penetrant oder stressig. Allerdings ist es schade, dass es für alle Level nur ein einziges Musikstück gibt. Etwas Abwechslung wäre hier schön gewesen.
Die Steuerung ist simpel und intuitiv. Flink bewegen wir uns durch den Laden und können per einfachem Tastendruck interagieren. Das geht vom Start weg so gut von der Hand, dass man nie wirklich darüber nachdenken muss. Für das Spielprinzip ideal, da der Kniff in Potion Party ja bei ganz anderen Schwerpunkten liegt.
Gemeinsam können wir so viel mehr noch erleben
Im Single-Player-Modus können wir uns alleine in unserem Alchemie-Laden austoben. Die vielfältigen Herausforderungen lassen sich trotz der Hektik alles in allem auch ohne Hilfe recht gut zu bewältigen. Allerdings entgeht einem etwas, wenn man den Laden ausschließlich alleine schmeißt, denn das Herzstück von Potion Party bildet eindeutig der Koop-Modus.
Als Party-Spiel lebt dieser nämlich von dem zusätzlichen Chaos, das automatisch entsteht, wenn sich mehrere Spieler zwecks Aufgaben permanent abstimmen müssen. Mit bis zu vier Spielern gleichzeitig, ist das auch bitter nötig, damit man sich nicht gegenseitig über den Haufen rennt oder sich die benötigten Materialien wegnimmt. Die knappe Zeit, der enge Raum, die Kundenwünsche und die Gegner tun selbstverständlich ihr Übriges dazu.
Die Kommentare, die im Eifer des Spielgeschehens entstehen, wenn etwas nicht so läuft, wie es soll, sind wirklich sehr unterhaltsam. Wenn man einen guten Rhythmus gefunden hat, ist es wiederum sehr motivierend. Natürlich auch weiterhin mit dem Zufall in Nacken, dass einem der schöne Plan doch noch urplötzlich verhagelt wird und man als Team schnell wieder umdisponieren muss.
Frust kommt dabei aber selten auf, weil der Schwierigkeitsgrad bis auf wenige Ausnahmen nicht allzu hoch ist. Erschwernisse in der Übersichtlichkeit wie bei Moving Out, wo die Kamera mitten im Geschehen auch mal rein oder raus zoomt, gibt es bei Potion Party nicht. Durch den gleichen Grundaufbau des Ladens ist das Spiel auch etwas einfacher gestaltet als die unterschiedlichen Level-Designs aus Overcooked, in denen man sich erst mal neu orientieren muss. Auch ist Potion Party in dem Punkt etwas leichter, dass man die einzelnen Arbeitsstationen nicht exakt zeitlich aufeinander abstimmen muss wie in Overcooked, wo Gerichte anbrennen können und deswegen der komplette Arbeitsfortschritt zunichte gemacht wird.
Schön gelöst ist zudem, dass sämtliche neuen Level, die man im Koop-Modus freigeschaltet hat, auch direkt im Single-Player-Modus zur Verfügung stehen und umgekehrt.
Übung macht den Braumeister
Neben dem Party-Spaß und dem Freischalten der Level bietet Potion Party auch noch weitere Langzeit-Motivationen. Unser hart verdientes Geld können wir nämlich in den Ausbau unseres Ladens stecken, was uns mehr Möglichkeiten und oftmals zugleich auch neue Herausforderungen liefert. Beispielsweise verschaffen uns Tische zwar mehr Abstellfläche, aber zeitgleich gehen sie wie bereits erwähnt auch etwas zu Lasten der Ausweichstrecken, so dass man sich noch mehr koordinieren muss. Eine Gießkanne, die nicht nach einer Station sofort leer ist, schenkt uns hingegen mehr Zeit für andere Tätigkeiten.
Weiterhin können wir das Geld dazu verwenden, um neue Charaktere freizuschalten. Während unser Start-Charakter Abel noch keinerlei besonderen Eigenschaften besitzt, warten die Neuen mit eben solchen auf. Diese machen sich im Spiel auch deutlich bemerkbar. Zum Beispiel wachsen bei Flora die Früchte um einiges schneller als bei den anderen und bei Grifryt geht das Brauen der Tränke wesentlich flotter voran. Manche der Charaktere lassen sich zudem noch aufleveln, womit sich ihre Spezialfähigkeit noch weiter steigern lässt.
Aber auch nach dem vollständigen Erwerben der ganzen Gegenstände und Figuren wird Potion Party nicht langweilig. Schließlich kann man ja noch versuchen, neue Rekorde zu erzielen. Ein Highscore-Board zum besseren Vergleich sucht man aber leider vergebens. Das wäre an dieser Stelle natürlich noch optimal gewesen. Dafür werden noch weitere kurzweilige Spielmodi zur Verfügung gestellt, nämlich der Endlosmodus, in dem wir so lange brauen können, wie wir möchten, und der Versus-Modus, in dem wir statt im Team auch mal spannende Wettbrau-Duelle gegeneinander ausfechten können.
Fazit:
Potion Party bietet insbesondere einen richtig guten Party-Spaß. Das gewollte Chaos samt den daraus folgenden, unwillkürlichen Sprüchen der Spieler im Eifer des Gefechts sorgt für den einen oder anderen Lacher. Auch manche Spielelemente lassen einem Schmunzeln. So finde ich es immer noch sehr unterhaltsam, dass die frechen Diebe offenbar so wasserscheu sind, dass man sie schlicht mit einem beherzten Schwall aus der Gießkanne vertreiben kann. Oder wie abgebrüht die Kunden eigentlich sind, dass sie trotz des Spuks vor ihrer Nase wie angewurzelt vor der Ladentheke stehen bleiben als wäre nichts. Im Vergleich zu manch anderen Partyspielen wie Overcooked oder Moving Out ist das Spiel natürlich einfacher. Der geringere Schwierigkeitsgrad hat mich persönlich allerdings nicht gestört, weil es somit bei diesem Genre auch mal einen etwas stressfreieren Stress gibt. Potion Party muss sich also hinter anderen Titeln nicht verstecken und ist definitiv einen Blick wert!
- Witziger Koop-Modus
- Einfaches Spielprinzip
- Retro-Charme
- Geringerer Schwierigkeitsgrad als bei ähnlichen Titeln
- Zusätzlicher Versus-Modus
- Immer derselbe Grundladen
- Keine Story
- Keine Highscore-Übersicht
Konsolenzockerin seit der Kindheit, bevorzugt auf der PlayStation. Zu den Lieblingsspielreihen gehören Grandia, Project Zero, Tomb Raider, Uncharted und Tekken, aber es finden auch gerne mal Indie-Titel den Weg auf den Bildschirm.