Prince of Persia: The Lost Crown im Test: Hüpfend durch die Zeit
Mit dem ersten Release der Hauptreihe seit 2010 geht Ubisoft wieder zurück zu den Ursprüngen der Prince-of-Persia-Reihe und liefert uns ein 2,5-D-Puzzle-Plattform-Spiel des Genres Metroidvania. Ob uns der neue Protagonist und der „Rückschritt“ um eine halbe Dimension überzeugt, erfahrt ihr im Test.
Wo ist der Prinz?
Wer sich die Frage stellt, an welche Storyline der inzwischen zahlreichen im Prince-of-Persia-Universum The Lost Crown anknüpft: An keine. Es handelt sich um eine komplett eigenständige und neue Geschichte. Damit führt Prince of Persia: The Lost Crown den derzeitigen Trend von Soft-Reboots, also neue Geschichten mit neuen Charakteren im bekannten Universum, weiter. Wir schlüpfen in die Rolle von Sargon, einem der Elite-Krieger von Persien und Beschützer der Stadt Persepolis. Über die mysteriöse Vergangenheit unseres Hauptcharakters ist wenig bekannt, wir erfahren nur, dass sich um seinen Namen einige gegensätzliche Prophezeiungen ranken. Und entgegen des Namens der Spielreihe ist er auch gar kein Prinz, denn dieser wird nach einer erfolgreichen Verteidigung Persepolis entführt. Natürlich schwärmt die Elitetruppe, genannt die Unsterblichen, darunter auch Sargon, prompt aus, um ihn zu retten. Die Reise geht dabei in die sagenumwobene Zitadelle auf dem Berg Qaf. Schnell wird klar, dass die Zeit sich hier seltsam verhält. Wir treffen auf Krieger, die den Berg vor 30 Jahren betreten haben, aber behaupten, erst ein paar Stunden hier zu sein. Um die Suche zu beschleunigen, teilen sich die Unsterblichen auf, und wir treffen unsere Kameraden nur noch gelegentlich und tauschen Hinweise aus, während wir die weitreichende Zitadelle erkunden. Die Entwickler haben für diesen Ableger der Prince-of-Persia-Reihe eine extra Geschichtsstunde eingelegt und orientieren sich sehr an der persischen Mythologie. Wir treffen also nicht nur eine legendäre Person oder Kreatur, sondern einige. Auch handelt es sich durch diese weitreichende Mythologie hier um die bisher längste Hauptstory eines Prince-of-Persia-Spiels.
Was ist „neu“
Wie bereits oben geschrieben, ist The Lost Crown wieder ein Schritt zurück zu den Ursprüngen der Serie. Das heißt, wir haben ein relativ klassisches Metroidvania, mit knackigem Plattforming, einer großen Karte zum (nicht linearen) Erkunden und neue Fähigkeiten, die nach und nach die Karte öffnen. Der Kampf mit seinen Paraden und ausgefeilten Kombos wurde auch erhalten. Und natürlich sind die ikonischen Zeitspielereien auch wieder mit an Bord. Diese sind aber zu großen Teilen nicht in unseren Händen, sondern in denen unserer Widersacher oder als Hindernisse in der Umgebung. Es stellt hier also eher eine Hürde für uns dar, anstatt uns neue Möglichkeiten zu geben, wie in den alten Teilen. Zwei Kräfte können wir dennoch erlangen, und zwar einen kurzen Seitwärts-Dash und die Möglichkeit, ein Abbild zum späteren Zurückkehren zu erschaffen.
Der große Berg Qaf
Die Spielwelt befindet sich komplett innerhalb der heiligen Zitadelle auf dem Berg Qaf, was zur Folge hat, dass wir uns größtenteils durch Innenräume bewegen. Dies bietet wiederum viele Möglichkeiten, um die ausgefeilten Parcours-Künste unseres Protagonisten zu nutzen. Dieser kann nicht nur Wandsprünge, sondern erhält im Spielverlauf noch weitere Fähigkeiten, die das Bewegen vereinfachen oder effizienter machen, wie zum Beispiel den oben genannten Seit-Dash. Aber auch der Bogen, den wir von einem Kameraden erhalten, gibt uns neue Möglichkeiten, mit der Welt zu interagieren: So können wir Schalter aus der Ferne aktivieren oder uns während des Plattformings nervige Gegner vom Leib halten. Die Gebiete öffnen sich genretypisch nach und nach und führen uns in Iterationen durch sich öffnende Shortcuts immer wieder an bekannte Orte zurück. Das initiale Erkunden eines Gebietes ist dabei der längste Weg — durch die erwähnten Shortcuts wird ein weiteres Erkunden deutlich kürzer und einfacher. Prince of Persia: The Lost Crown kann mit der reinen Größe und Vielfalt der Karte überzeugen, dabei ist diese auch noch clever aufgebaut und gibt uns nur in sinnvollen Abständen Möglichkeiten zur Schnellreise. Das sorgt dafür, dass wir uns mit den einzelnen Gebieten und deren Eigenheiten zunächst auseinandersetzen müssen, bevor wir ihnen „entkommen“ können. Durch die teilweise sehr großen Räume können diese überwältigend sein, vor allem am Anfang, wenn man nur wenige Fähigkeiten hat. Diese Ohnmacht kann den Forscherdrang etwas dämpfen. Und dadurch, dass uns das Spiel auch häufiger in "alte" Gebiete schickt, finden wir einige Geheimnisse auf organische Weise. Ein Suchen lohnt sich auf jeden Fall, denn es gibt viele Collectibles, die entweder die Geschichte erweitern oder uns mit Verbesserungen belohnen. Um interessante Orte nicht zu vergessen, können wir auf der Karte Markierungen setzen und sogar eine begrenzte Anzahl „Screenshots“ anpinnen.
Eine Steuerung so weich wie Butter in der Sonne
Jeder Plattformer (und eigentlich auch jedes Metroidvania) steht und fällt mit der Steuerung und diese ist Ubisoft hier sehr gut gelungen. Alle Eingaben fühlen sich knackig und direkt an. Die verfügbaren Knöpfe auf dem Controller wurden ausgenutzt und seltsame mehrfache Belegungen vermieden. Der Parcours geht gut von der Hand und erfordert im Zusammenspiel mit dem Leveldesign auch manchmal etwas Kreativität. Auch im Kampf fühlt sich alles butterweich und responsiv an. Die Paraden können dadurch gut eingesetzt werden. Allgemein handelt es sich dabei um eine sehr nützliche Mechanik. Nicht nur können wir gegnerische Angriffe unterbrechen und Schaden verhindern, sondern auch (bei bestimmten Angriffen) Instant-Kills ausführen. Wer nicht parieren will, der kann mit dem Rutschen auch geschickt ausweichen, aber erhält nicht die Chance zum Gegenschlag. Kombos können durch Wechsel von Boden- und Luftangriffen sehr variieren. Mit etwas Übung können Gegner, ohne ihnen die Chance auf Gegenwehr zu ermöglichen, ausgeschaltet werden. Durch Amulette lässt sich Sargon an unseren Spielstil anpassen. Als letzte Angriffsoption haben wir noch die sechs Athra-Angriffe — das sind mächtige Spezialangiffe, die erst über eine Leiste aufgeladen werden müssen und einen Cooldown besitzen. Hier können immer zwei gleichzeitig ausgerüstet werden.
Ein persischer Comic
Auch optisch schlägt Prince of Persia: The Lost Crown eine etwas neue Richtung ein. Es ist eben nicht nur kein 3D-Titel mehr, sondern es besitzt durch eine leichte Voxelgrafik zudem einen comichaften Stil (der sich trotzdem vom 2008 erschienenen Teil unterscheidet). Dies hilft dabei, die ganzen mystischen und wunderbaren Wesen darzustellen. Dabei werden aber dennoch zahlreiche Details optisch umgesetzt. Aufgrund des Detailgrads hatte ich zunächst Angst, dass die Nintendo-Switch-Version nicht flüssig oder nur mit reduzierter Grafik läuft, aber durch den Grafikstil ist auch diese Konsole in der Lage, alles ohne Probleme wiederzugeben. Selbst in direkten Gegenüberstellungen mit der PS5-Version ist kaum ein Unterschied zu bemerken. Die Töne des Spiels entführen uns zweifelsohne in die arabische Welt. Allerdings tritt der eigentliche Soundtrack häufig für die übrigen Soundeffekte in den Hintergrund. Die Größe und Enge von Räumen werden im Sounddesign ebenfalls aufgegriffen. Manchmal vergisst das Spiel dabei aber, diese Effekte wieder „auszuschalten“ und wir erleben manche Gebiete ohne Sounds (das ist aber nur ein temporärer Zustand, der beim nächsten Besuch des Gebiets nicht mehr auftritt).
Fazit
Ich war gespannt darauf, wie die Änderung der Perspektive und des Spielgenres von Ubisoft umgesetzt wurden und ich muss sagen, es ist gut gelungen. The Lost Crown reiht sich von Qualität, Spieltiefe und Mechanik her wunderbar in die anderen Hauptteile der Prince-of-Persia-Reihe ein. Die Steuerung ist dabei aufgrund ihrer „Knackigkeit“ ein besonderer Genuss. Ich hoffe, dass die Spielreihe weiter in diese Richtung geht. Lediglich die Größe der Karte und das damit verbundene Backtracking haben mich manchmal etwas überfordert. Auch, dass man häufig Gebiete betritt und die erforderlichen Kräfte/Items zum Erreichen von Collectibles noch nicht hat, hat mich etwas gestört. Nach kurzer Zeit war meine Karte bereits mit Erinnerungsmarkern überfüllt, aber im Nachhinein macht das Spiel auch hier einen guten Job, wenn es uns zur richtigen Zeit wieder in alte Gebiete schickt. Wer also Lust auf ein gutes Metroidvania hat, dem sei The Lost Crown sehr ans Herz gelegt. Und natürlich auch allen Veteranen, die wieder Lust auf (zeitbasierte) Plattforming-Rätsel haben.
- Gute Steuerung
- Große Karte mit vielen Dingen zum Entdecken
- Frische Story
- Nette Grafik
- Neue Gebiete überfordern zunächst
- Viel Backtracking
- Sound lädt manchmal nicht richtig
Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.