Visions of Mana im Test: Eine emotionale Pilgerreise
Kann Visions of Mana die Serie nach 15 Jahren Pause wiederbeleben oder ist der fünfte Haupttitel nur noch ein Aufwärmen von bereits Gesehenem? Wir konnten das Spiel frühzeitig spielen, um es für euch Im Test herauszufinden.
Altbewährtes und Neues
Wie bereits bei den anderen Teilen der Reihe, dreht sich die Geschichte um die Pilgerreise zum Manabaum. Denn jedes der fünf Dörfer, die praktischerweise auch den fünf Elementen zugeordnet sind, muss regelmäßig einen Geweihten entsenden, der sich dann ehrenvoll dem Manabaum opfert und so das Gleichgewicht im Manafluss sichert. Sollte eines dieser Dörfer seiner Pflicht nicht nachkommen ist es dem Untergang geweiht.
Wir verkörpern den jungen Val, der als Seelenwächter die Geweihten sicher zum Manabaum geleiten soll. Unsere Reise beginnt in dem Moment, als Vals Kindheitsfreundin Hina zur Geweihten erwählt wird. Diese ist hocherfreut, dass sie die große Reise mit ihrem Freund bestreiten darf. Und so ziehen die beiden aus, um auch noch die restlichen Auserwählten einzusammeln und zum Manabaum zu gelangen. So kommt mit der Zeit eine komplette Party von fünf Leuten zusammen, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Allerdings ist nicht jeder so erfreut, sein Leben dem Allgemeinwohl zu opfern. Konflikte und eine gewisse Tragik sind auf dem gemeinsamen Weg also vorprogrammiert. Und natürlich wollen uns allerhand Monster nicht einfach zum Baum spazieren lassen. Es gibt Drama, heroische Momente und Ereignisse, die einen berühren. Alles in allem handelt es sich um ein JRPG bester Manier.
Der schönste Manabaum weit und breit
Was allerdings anders ist als im letzten Teil (der kein Remake war) sind sowohl die Charaktere, die Welt, die Fähigkeiten als auch der Kampf. Es handelt sich zwar nicht um die erste Open World der Serie, aber in der Perspektive, der Offenheit und dem Detailreichtum ist sie etwas Neues. Es steht uns quasi frei, überall hinzugehen, aber durch die Level der Gegner, Hindernisse, die nur durch Fähigkeiten überwunden werden können, und Wegmarker wird uns recht deutlich klargemacht, welcher Weg der richtige ist. Einen kleinen Abstecher zu machen, lohnt sich aber trotzdem, da Truhen und andere Sammelgegenstände auf uns warten. Je nach Schwierigkeitsgrad werden uns diese netterweise sogar auf der Minikarte angezeigt. Ebenso finden oder erledigen wir neben dem Hauptpfad Nebenaufträge, die uns unterschiedlichste Belohnungen bringen, aber von der Geschichte her qualitativ sehr unterschiedlich sind.
Die in richtiger Frequenz gestreuten Speicherpunkte fungieren gleichzeitig als Schnellreisestation und erleichtern die Navigation deutlich.
Visions of Mana ist zweifelsohne der schönste Teil der “... of Mana”-Reihe. Das mag zum einen an den technischen Neuerungen seit dem letzten Vertreter liegen, zum anderen am Fokus auf Charaktere und Gegner. Diese sind genau und detailliert gezeichnet und selbst NPCs versinken nicht im Einheitssumpf. Unsere Charaktere erhalten je nach Klasse ein eindeutiges Aussehen und Waffen können per Transmog das Aussehen einer anderen annehmen, ohne die Werte zu verändern. Ebenso sind Gegner deutlich unterscheidbar wie auch äußerlich sofort auf ihre Attribute einschätzbar. Allerdings sind Mimik und Gestik innerhalb von Cutscenes etwas aus der Zeit gefallen und erinnern eher an alte RPGs. Unsere beiden Hauptcharaktere Val und Hina tragen auf eine sehr interessante Art zum Worldbuilding bei, nämlich in dem Val immer wieder Fragen stellt – wie sie auch neue Spieler stellen würden – und Hina sie ihm beantwortet. Den Status als wandelnder Almanach hat die Geweihte des Feuers durch ihre intensive Vorbereitung auf die Reise erlangt. So taucht man quasi nebenbei immer tiefer in die Welt ein. Durch die gute Vertonung und passende Übersetzungen der leider nur englischen oder japanischen Sprachausgabe wirken diese Dialoge besonders flüssig. Die musikalische Untermalung ist meist simpel, aber trägt die Stimmung enorm gut mit. Auch hier stammen die Noten wieder aus der Feder von Hiroki Kikuta, der die Reihe schon lange begleitet.
Kampfeslust
Was wäre ein JRPG nur ohne ordentliche Kampfmechaniken? Und was wäre es ohne eine Flut an Tutorials, die die ersten Kämpfe zu einem Stop-Motion-Erlebnis machen? Zum Glück kann Visions of Mana beides bieten und noch einige ungewöhnliche Elemente mehr. An sich ist der Kampf in Echtzeit, wenn auch eher gemächlich und überschaubar. Es gibt neben Standardangriffen auch noch schwere und einen klassenspezifischen Angriff, der erst ausgelöst werden kann, wenn eine Leiste sich durch Schaden gefüllt hat. Zusätzlich gibt es noch Fertigkeiten und hier wird es interessant, denn anstatt, wie man es gewohnt ist, einem Charakter Skills zuzuweisen und ihn diese per Level Up erlangen zu lassen, hat jeder Charakter einfach nur Slots.
Wie man diese mit den Fähigkeiten füllt, ist dem Spielenden selbst überlassen. Dadurch kann man seinen Charakter in jede Richtung frei spezialisieren. Das kann durchaus mal in schlechten Kombinationen enden, führt aber dazu, dass man seine Gegner immer wieder analysieren muss und komplett ungewöhnliche Taktiken findet. Diese Herangehensweise an das “verstaubte” Skillsystem ist frisch, ein Riesenvorteil und gibt dem Genre eine neue Richtung. Obwohl die Slots und Möglichkeiten von Anfang an sichtbar sind, müssen wir erst mal genug Fähigkeitenkristalle finden, um alle füllen zu können, und das dauert erstaunlich lang. Bis man also so richtig loslegen kann, hat man schon einige Kämpfe hinter sich, das hat aber auch den Vorteil, dass man von dem System nicht wirklich überwältigt wird.Alle Elemente, die man von einem JRPG erwartet, sind vorhanden, nur nicht immer in der Form, die man erwartet. Unsere Mitstreiter, also die anderen Geweihten, sind im Kampf aktiv dabei und können auch von uns gesteuert werden, während Hina eine reine Supportrolle einnimmt und uns nur mit Buffs versorgt. Die Ausrüstung gibt die üblichen Statuswerte. Der Schwierigkeitsgrad ist jederzeit anpassbar und man kann sich dadurch genau die richtige Challenge heraussuchen.
Fazit
Visions of Mana bietet genau das, was man von einem JRPG erwartet. Eine bunte, farbenfrohe Welt mit unterschiedlichsten Lebewesen darin, eine emotionsgeladene Story, ein Level- und Skillsystem und ein ordentliches Kampfsystem. Dabei kann Visions of Mana mit einem interessanten Spin auf das ansonsten festgefahrene Fähigkeitensystem durchaus überzeugen. Mit vielen Quality-of-Life-Features, wie der Schnellreise, aufgeräumten Menüs und sinnvollen Informationsanzeigen, wird auch der sonst manchmal abschreckende Einstieg in ein JRPG erleichtert. Die erst mal sehr offen wirkende Welt wird aber schnell wieder eingeschränkt, durch Skill-Barrieren oder nicht bezwingbare Gegner. Das führt dazu, dass wir einerseits nicht überwältigt werden, andererseits wird aber auch der Erkundungsdrang stark ausgebremst. Ebenfalls einen leichten Dämpfer geben die Länge, Güte und Belohnungen der Nebenmissionen, da es hier sehr willkürlich ist und man sich nie sicher sein kann, ob sich die Mission lohnt.
Visions of Mana hat es geschafft, das Erbe der “…of Mana”-Serie gebührend weiterzuführen. Es enthält gute und sinnvolle Neuerungen, um nicht einfach nur das x-te JRPG zu sein. Jedem Fan eines guten RPG kann hier definitiv eine Empfehlung ausgesprochen werden.
- Viele Quality-of-Life-Änderungen
- Interessantes Skillsystem
- Charaktere mit Tiefe
- Optisch sehr ansprechend
- Enthält alles, was ein JRPG bieten muss
- Die Geschichten/der Umfang der Nebenquests sind nicht immer gleich gut
- Offene Welt wird durch Barrieren schnell wieder eingeschränkt
- Langes Anteasen von Funktionen, bis man diese wirklich nutzen kann
Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.