Anno 117: Pax RomanaAnno 117: Pax Romana
Review

Anno 117: Pax Romana im Test: Bauen wie die Römer

Von Tjark am 3. Dezember 2025. Getestet auf PC. Zum Spiel hier klicken.

Mit Anno 117: Pax Romana wagt Ubisoft Blue Byte einen mutigen Schritt zurück in die Zeit der römischen Antike — und das Ergebnis ist ein Aufbau-Strategiespiel, das Alt und Neu in der Serie gekonnt verbindet. Der Titel bietet eine singuläre Kampagne, zahlreiche Neuerungen gegenüber früheren Anno-Teilen, eine eindrucksvolle Grafik und eine durchaus ambivalente Performance.

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Statthalter wider Willen

In der Einzelspieler-Kampagne schlüpft man in die Rolle eines römischen Statthalters, entweder Marcus oder Marcia, und wird mit politischen Intrigen, diplomatischen Entscheidungen und dem Aufbau von Provinzen konfrontiert. Der erzählerische Faden dient vor allem als Leitstern und weniger als epische Drama-Maschinerie. Die Story ist vergleichsweise kurz (~10 Stunden gegenüber der ~15-stündigen Kampagne von Anno 1800) und wirkt streckenweise dezent aufgezwungen. Trotzdem leitet sie einen gut durch die Grundlagen des Spiels, ohne Neulinge zu überfordern. Im späteren Verlauf öffnet sich das Spiel allerdings in Richtung Endlos-Modus, was vielen Anno-Fans gefallen dürfte: Man kann weit über die Kampagne hinaus Städte aufbauen, Produktionsketten verfeinern und das Imperium erweitern. Aber egal, wie wir uns innerhalb der Kampagne entscheiden, wir kommen immer wieder am selben Punkt heraus. Es führen wohl wirklich alle Wege nach Rom.

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Spielen wie Anno dazumal

Der Gameplay-Loop in Anno 117: Pax Romana entfaltet sich wie ein stetiger Kreislauf aus Planung, Optimierung und Expansion und folgt dabei dem vertrauten, aber verfeinerten Rhythmus der Serie. Zu Beginn konzentriert man sich auf den Aufbau grundlegender Produktionsketten, etwa Nahrung, Baumaterialien und einfache Konsumgüter. Sobald die ersten Siedler zufrieden sind, entwickeln sich ihre Bedürfnisse weiter und treiben den Spieler dazu an, neue Gebäude zu errichten, Handelsrouten zu etablieren und Provinzen zu erschließen. Der Loop lebt dabei vom sanften Wechsel zwischen Ruhephasen, in denen man Ressourcenströme perfektioniert, und aktiveren Momenten, in denen Politik, Diplomatie und Missionen in der Kampagne neue Impulse setzen. Mit jeder Ausbaustufe steigt die Komplexität, doch das Spiel sorgt dafür, dass Herausforderungen wohldosiert auftreten und nie überfordern. Das stetige Streben nach Effizienz und nach dem nächsten Entwicklungsschritt hält langfristig bei Laune und erzeugt den für Anno typischen Sog, der einen immer wieder für eine weitere Stunde im römischen Imperium verweilen lässt.

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Frischer Fisch, äh, Mechaniken

Was Anno 117 wirklich von seinen Vorgängern unterscheidet, sind einige feine, aber wirkungsvolle Neuerungen. Besonders bemerkenswert ist die Möglichkeit, Gebäude und Straßen diagonal zu platzieren – das bringt nicht nur optisch organischere Stadtstrukturen, sondern auch neue strategische Tiefe. Produktionsgebäude haben nun sogenannte Einflusszonen: Je nachdem, wo man sie baut, beeinflussen sie ihre Umgebung positiv oder negativ, was die Platzierung zu einer echten taktischen Überlegung macht. Es gab ähnliche Effekte zwar schon in früheren Teilen, wie zum Beispiel die Feuerwehrstation in Anno 1800, aber hier wirken sich die Gebäude viel unterschiedlicher aus. Wo vorher ein bestimmter Effekt auf einem großen Gebiet war, wird jetzt ein kleinerer aber mit Vor- und Nachteilen betroffen. Eine Bäckerei steigert zum Beispiel unser Einkommen im Gebiet, erhöht aber zeitgleich das Brandrisiko. Das Puzzlespiel der besten Gebäudeanordnung wird dadurch noch komplizierter, bietet auch noch mehr Möglichkeiten.

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Der Technikbaum und das Bürgersystem bilden in Anno 117: Pax Romana zwei eng verzahnte Systeme, die den Spielfortschritt maßgeblich strukturieren. Der Technikbaum ist dabei klarer ausgearbeitet als in früheren Teilen und dient als strategische Leitplanke für langfristige Entscheidungen. Neue Technologien schalten fortgeschrittene Produktionsketten, Verwaltungsstrukturen oder militärische Optionen frei und sind oft an bestimmte Voraussetzungen wie Bevölkerungszahlen oder Ressourcen geknüpft. Dadurch entsteht ein natürlicher Fortschrittsfluss, bei dem man nicht einfach alles gleichzeitig freischaltet, sondern Prioritäten setzen muss. Besonders markant ist, wie der Technikbaum das Weltgeschehen spürbar beeinflusst, denn bestimmte Technologien erleichtern diplomatische Beziehungen, verbessern Handelsnetzwerke oder steigern die Effizienz bestehender Gebäude, sodass man ständig zwischen wirtschaftlicher Optimierung und territorialer Expansion abwägen muss. Außerdem gibt es ein flexibles Glaubenssystem, das in dieser Form neu für die Reihe ist. Wir können einen Schutzpatron für unsere Insel wählen und erhalten entsprechende Vor- und Nachteile. Durch den Bau bestimmter Gebäude und Verpflegungsarten können die Effekte noch gesteigert oder in Nuancen nachjustiert werden. Das ist ein frischer Wind im altbekannten Anno-Kreislauf aus Ressourcenmanagement, Handel und Stadtplanung. Gleichzeitig bleibt das Spiel zugänglicher als manche Vorgänger: Die Lernkurve ist gut ausbalanciert, Tutorials und das Missionsdesign helfen besonders Neulingen beim Einstieg. Übersichtlichere Bedienelemente und eine klare Darstellung der Produktionswege sind hier ein klarer Vorteil. Militärische Konflikte spielen eine untergeordnete Rolle, das System hat zwar einen Nutzen, aber eine rein militärische Expansion ist schwer.

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Den Römern beim Leben zuschauen

Grafisch setzt Anno 117: Pax Romana neue Maßstäbe. Wie in jedem bisher erschienenen Anno-Teil wurde die Anzahl der Animationen und Details nach oben geschraubt. Die dadurch entstehende Stimmung ist on point. Die Kameraeinstellungen laden dazu ein, sich Nahaufnahmen von Gebäuden anzusehen, und der Soundtrack verstärkt die Atmosphäre, ohne aufdringlich zu wirken. Wenn wir näher an das Geschehen in unserer Siedlung heranzoomen, hören wir die spezifischen Geräusche der Produktionsstätten. Wie zu erwarten, ist bei voller Detailstufe auch eine entsprechende Hardware nötig, wenn man ein weiterhin flüssiges Spielerlebnis genießen will. Selbst auf leistungsstarker Hardware kommt es bei komplexeren Stadtaufbauten zu merklichen Framedrops. Ray Tracing ist zwar integriert, wirkt aber sehr fordernd. Allerdings präsentiert sich Anno 117 auch mit reduzierten Details immer noch erstaunlich lebendig und ist dann auch mit schwächerer Hardware gut spielbar.

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Fazit

Zusammenfassend ist Anno 117: Pax Romana ein weiterer vielversprechender Teil der Serie. Er bietet aber auch einen guten Zeitpunkt für einen Neueinstieg, durch die klarere Darstellung von Auswirkungen und Produktionswegen. Die Singleplayer-Kampagne ist nicht übermäßig episch, aber funktional und motivierend, die Neuerungen zu früheren Teilen bringen strategische Tiefe ohne unnötige Komplexität, die Grafik ist herausragend und atmosphärisch, während die Performance noch Luft nach oben hat. Für Fans von Aufbau-Strategie und Anno-Veteranen ist es ein starkes Stück Arbeit, für Gelegenheitsspieler bietet es einen sehr einsteigerfreundlichen Zugang zur Serie. Und spätestens das Setting sollte es für zahlreiche Spieler interessant machen.

Pro:
  • Gute Darstellung des römischen Reichs
  • verständliche Produktionswege
  • Gebäudeplatzierung hat mehr Impact
  • Feingranulare Abstufung von Systemen
Contra:
  • Leistungseinbußen auf Nicht-Highend-Systemen
  • Kurze und lineare Kampagne
  • Unnötig verschachtelte Menüs
  • Langzeitmotivation geringer als bei Vorgängern
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 8.5 / 10
Spiel getestet auf: PC
Tjark

Tjark

Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.

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