inscryption key artinscryption key art
Review

Inscryption im Test: Kartenspielen im Escape Room

Von Tjark am 16. Januar 2023. Getestet auf Switch. Zum Spiel hier klicken.

2022 war, was Deckbuilding und allgemein Kartenspiele anging, ein starkes Jahr. Inscryption bildet hier keine Ausnahme und kann mit einem recht einfachen Spielsystem erstaunlich viel Tiefe erzeugen. Was sich sonst noch alles in dem augenscheinlichen Kartenspiel verbirgt, erfahrt ihr im Test.

Ihr wacht auf in einer Hütte…

Die Story von Inscryption ist kryptisch und entfaltet sich erst nach und nach, aber genau das macht den Reiz eines Escape Rooms ja auch aus. Ihr habt richtig gelesen, bei Inscryption handelt es sich um einen Hybrid aus Deckbuilder, Roguelite und Escape Simulation. Zwar sitzen wir meistens am Tisch und bauen unser Deck auf, beziehungsweise spielen gegen das mysteriöse paar Augen auf der anderen Seite des Tisches, aber um weiterzukommen oder bessere Chancen zu haben, müssen wir aufstehen und die Hütte, in der wir uns befinden, untersuchen. Hier finden sich allerhand kleine Rätsel, die es zu knacken gilt. Von Bilderrätseln über einen Safe bis hin zu einer Art Schachrätsel, bei dem bestimmte Stellungen auf dem Bord gebildet werden müssen, ist alles vertreten. Wenn wir bestimmte Rätsel gelöst haben, ändert sich das Gameplay signifikant, auf welche Weise möchte ich hier aber nicht verraten, lasst euch einfach überraschen!

inscryption (4) inscryption (5) inscryption (10)

Kleines Feld, viel Tiefe

Jetzt aber zur eigentlichen Hauptmechanik, dem Kartenspiel. Es handelt sich um ein Kartenspiel mit Tieren und Monstern auf einem sehr einfachen Brett von nur vier Feldern Breite und einer Reihe pro Spieler, also insgesamt gerade mal acht Felder. Ziel ist es, dem Gegner mit direktem Angriff fünf Schadenspunkte zuzufügen. Da der Schaden auf einer Waage verfolgt wird, wird eigener Schaden aufgewogen — das heißt, wir müssen mehr austeilen als selbst erleiden. Bei den Karten gibt es die Werte Stärke und Leben. Sobald wir unseren Zug beenden, greifen alle Karten auf unserer Seite des Feldes an. Sollte auf dem gegenüberliegenden Feld ebenfalls eine Karte liegen, so verliert sie entsprechend viele Lebenspunkte, ansonsten geht der Schaden direkt „auf die Waage“. Stärkere Karten kosten mitunter Blut, das heißt, wir müssen eine oder mehrere unserer Kreaturen opfern, um sie zu spielen. Es gibt auch Karten, die mit Knochen bezahlt werden — diese erhalten wir, sobald eine Kreatur stirbt. Die Anzahl der in einer Runde spielbaren Karten ist nicht begrenzt, solange wir in der Lage sind, die Kosten zu zahlen. Zusätzlich können die Karten auch noch Siegel haben. Das sind Fähigkeiten, die ihr Angriffsverhalten oder die Position auf dem Feld beeinflussen. Hier lohnt es sich, einen Überblick über die vielen Siegel zu haben, um bewerten zu können, wie mit gegnerischen Karten verfahren werden soll oder eigene platziert werden. Als weiteres taktisches Element können wir am Anfang unseres Zuges auswählen, ob wir eine Karte von unserem Deck ziehen oder ein Eichhörnchen. Eichhörnchen sind schwache, aber kostenlose Monster, die sich perfekt zum Opfern oder „in den Weg Legen“ eignen. Wir müssen also immer abwägen, ob wir gerade eine zufällige Karte oder eine garantiert sofort spielbare Karte benötigen. Die komplette Steuerung findet dabei über Shortcuts auf Tasten statt, es gibt keinerlei Kontextmenüs oder ähnliches, was nach einer kurzen Eingewöhnung zu einem sehr flüssigen Spielgefühl beiträgt. Trotz des einfachen Feldaufbaus hat das Kartenspiel erstaunlich viel Tiefe und gleicht teilweise eher einem Rätsel.

inscryption (1) inscryption (9) inscryption (13)

Hart aber Fair

Inscryption macht einen sehr guten Job, all diese Mechaniken zu etablieren, und fügt diese erst nach und nach dem Gameplay hinzu. Das Spiel gibt uns eigentlich auch immer den Vorteil, zum Beispiel erhalten wir bis zu drei Items, die wir im Kampf einsetzen können, und eine weitere Reihe von Feldern zeigt uns an, was unser Gegner in seinem nächsten Zug spielen wird. Am Anfang wird man trotzdem große Probleme haben, gegen den Gegner anzukommen. Aber hier kommt das Erkunden der Hütte, das uns immer wieder auch Karten oder andere Vorteile bringt, ins Spiel. Zusätzlich bauen wir bei jedem Game over eine „Todeskarte“ zusammen, die mitunter sehr mächtig sein kann, da wir Werte, Siegel und Kosten von unterschiedlichen Karten entnehmen können. Die meisten Vorteile (außerhalb von Karten) behalten wir über einzelne Runs hinaus, spätestens hier wird ersichtlich, warum es sich auch um ein Roguelite handelt. So schwer es am Anfang auch erscheint, wenn man in diesem Spiel nicht nur vorprescht und etwas nachdenkt, ist jede Challenge gut machbar, auch wenn der RNG-Gott manchmal etwas fies ist.

inscryption (2) inscryption (11) inscryption (7)

Ich will das Allerbeste haben, wie keiner je vor mir

Über den Deckbuilding-Aspekt wurde hier jetzt auch noch gar nicht gesprochen, dieser findet vorwiegend auf der Spiel-Landkarte statt. Das ist eine Landkarte, auf der verschiedene Pfade eingezeichnet sind, wir können dabei immer wählen, welches Event als nächstes bevorsteht. Die Events bringen uns mal Karten, mal Items, oder lassen uns Karten modifizieren. Es ist zum Beispiel möglich, eine Karte zu opfern, um ihr Siegel auf eine andere Karte zu transferieren. Auch hier ist die Anzahl an verschiedenen Events zu hoch, um sie hier alle zu besprechen, und es würde einige Spoiler enthalten, da manche unerwartete Interaktionen untereinander haben. Aber grundsätzlich dienen alle dazu, unser Kartendeck zu erweitern oder zu optimieren. Innerhalb der Pfade sind auch immer wieder Kämpfe gegen Leshy (das Augenpaar, das immer unseren Gegner darstellt) zu finden. Teilweise sind es spezielle Totemkämpfe, bei denen ein Totem einem bestimmten Monstertyp eine zusätzliche Fähigkeit gibt. Leshy verkörpert mit Masken und kleinen Spielfiguren, in bester D-n-D-Manier, die Aufeinandertreffen mit verschiedenen (durchaus interessanten) Charakteren.

inscryption (3) inscryption (8) inscryption (6)

Visuell ist das Spiel sehr dunkel und atmosphärisch. Manche Aspekte lassen sich absichtlich nur schwer im Dunkeln erkennen und tragen dadurch zum Mysterium bei. Die vierte Wand wird auch nicht nur einmal durchbrochen, sogar das Hauptmenü spielt mit seinem Aufbau auf alte PC-Spiele an, komplett mit den Bildstreifen alter Röhrenmonitore.

Fazit

Da ich ja ein Typ für weirde Genremixes bin, wusste ich sofort, dass ich mich hier wohlfühlen würde. Trotzdem war ich überrascht, wie gut die Systeme zusammenpassen und was das Spiel alles für mich bereithält. Die Schwierigkeit am Anfang erscheint erstmal sehr hoch und wenn man nicht gern verliert, dann kann hier sehr schnell Frust aufkommen. Aber sobald man die Systeme einigermaßen verstanden und ein paar Upgrades bekommen hat, ist es ein sehr faires Spiel. Auch hat mir die Steuerung und Tastenbelegung so manches Spiel versaut, da auch bei versehentlichem Drücken einer Taste sofort die Aktion ausgeführt wird. Selbst beim Beenden der eigenen Runde ist keinerlei Bestätigung erforderlich und das kann einen schnell mal einen kompletten Kampf verlieren lassen. Aber das sind eher kleine Kritikpunkte. Wer sich auf ein interessantes Abenteuer einlassen will und nebenbei noch Spaß an Rätseln und Deckbuilding hat, der ist mit Inscryption bestens bedient. Und ihr werdet nicht nur einmal überrascht sein.

inscryption (12) inscryption (14) inscryption (15)
Pro:
  • Mehrere unerwartete Wendungen
  • Erstaunliche Tiefe im Kartenspiel
  • Charmante Erzählweise der „Story“
Contra:
  • Manche Mechaniken werden recht spät erklärt
  • Button-Mapping ungewöhnlich
Story:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Gameplay:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Sound:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 9.5 / 10
TestingBuddies Award Silber
Spiel getestet auf: Switch
Tjark

Tjark

Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.

Schreibe einen Kommentar