System Shock im Test: Was lange währt, wird endlich gut?
Das System Shock Remake von Nightdive Studios wurde bereits 2016 in Form einer Kickstarter Kampagne angekündigt. Über die Jahre hinweg gab es immer wieder Verschiebungen und Veränderungen am Spiel, aber nun ist einer der Wegbereiter heutiger Ego-Shooter endlich in den digitalen Händlerregalen anzutreffen. Ob es sich lohnt, den Klassiker im neuen Look nochmals anzuspielen, klären wir im Test.
Showdown mit Shodan
Wirs schreiben das Jahr 2072 und irgendwo im Weltall erwacht unser namenloser Held aus dem Kyroschlaf nur um feststellen zu müssen, dass die Anlage von Androiden übernommen wurde, die uns ohne Vorankündigung angreifen. Also schnappen wir uns erst einmal ein altes Rohr und verkloppen ein paar Gegner. Zu allererst gilt natürlich, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen und so wird uns ziemlich schnell klar, dass die schiffsinterne K.I. (genannt Shodan) wohl etwas wahnsinnig geworden ist, auf dem Raumschiff Angst und Schrecken verbreitet und nebenbei noch die Menschheit auslöschen möchte.
Die Story wird dabei größtenteils mithilfe von Audiologs erzählt, die überall auf dem Schiff verteilt und mal leichter, mal schwerer zu erreichen sind. Immer wieder meldet sich Shodan zu Wort und kommentiert zynisch unseren Spielfortschritt oder freut sich, uns mal wieder in eine Falle gelockt zu haben. Die Story ist packend inszeniert und heute aktueller denn je. Wenn wir allerdings nur durch das Spiel rennen, um zum nächsten Ziel zu gelangen, werden uns viele Informationen entgehen und die Geschichte nicht ihr volles Potential entfalten können.
Im Weltall hört dich keiner schreien
Wenn wir uns im Flackern unserer Taschenlampe langsam durch die dunklen und verwinkelten Gänge der Raumstation tasten und hinter jeder Ecke ein Cyborg lauern könnte, dann erleben wir in System Shock die besten Momente. Die beklemmende Inszenierung, zusammen mit der Munitionsknappheit, dem ruhigen Sound und der schummrigen Beleuchtung üben einen ganz eigenen Reiz aus und können über lange Zeit motivieren. Auch die verschiedenen Ebenen der Station, die sich sehr unterschiedlich spielen, tragen zur Langzeitmotivation bei.
Aus Alt mach Neu
Die große Herausforderung in System Shock ist es, sich selbst zu motivieren, das verflochtene Labyrinth des Raumschiffes zu erforschen. Da es keinen Questmarker gibt, bleibt uns nichts anderes übrig, als uns auf die Umgebung einzulassen und die Audiologs nach Informationen zu durchforsten. Leider hilft uns bei der Orientierung die Karte nur bedingt, da sie nicht in der Lage ist, verschiedene Ebenen darzustellen und wir ein ums andere Mal raten müssen, wo denn welcher Raum versteckt ist. Es ist aber auch erfrischend, einmal nicht den Weg vorgekaut zu bekommen, sondern selbst wieder herumzuprobieren, welche Tür denn jetzt die richtige ist und welcher Schalter welche Mechanismen auslöst.
Auch was Ressourcen angeht, meint es das Spiel nicht gut mit uns und Munition sowie Heilmittel sind nur vereinzelt zu finden. Daher sollte jeder Schuss sitzen und die Citadel (so heißt die Raumstation in System Shock) mit Bedacht erkundet werden. Hinzu kommt, dass auch unser Inventar nur über ein begrenztes Platzangebot verfügt und wir auch hier gut überlegen müssen, wie wir den wenigen Stauraum am sinnvollsten einteilen.
Um ein paar Credits nebenbei zu verdienen und uns die unterschiedlichen Mods für die Schießprügel leisten zu können, müssen wir immer mal wieder Schrott einsammeln, der dann im Inventar verdampft werden muss. Der Müll kann dann an speziellen Stationen im Spiel in Pfand umgewandelt werden und generiert so einen stetigen Fluss an Barmitteln.
Die Schusswaffen fühlen sich allesamt wuchtig an, nur die Sounds klingen teilweise etwas schwach auf der Brust. Es gibt eine recht überzeugende Fülle an Waffen, von der Standardpistole über das SMG bis hin zum Plasmagewehr wird alles geboten.
Auf den verschiedenen Ebenen der Raumstation sind immer wieder Modstationen für unsere Schießeisen versteckt, die sinnvolle Funktionen wie mehr Schaden oder ein größeres Magazin hinzufügen. Auch für unseren Kämpfer gibt es versteckte Verbesserungen zu finden, die auch spielbeeinflussend sind. Besonders wichtig sind etwa die Hoover Schuhe, mit denen höher gelegene Ziele erreicht werden können. Das Environmental Pack ist ab einem gewissen Punkt ebenfalls überlebenswichtig, da damit auch biologisch oder radioaktiv verseuchte Gebiete ohne Gefahr betreten werden können. Auch ein Implantat zum Vergrößern des Inventars gibt es zum Glück.
Einen völlig neuen Aspekt bietet uns der Cyberpace, in den wir an bestimmten Terminals eintauchen können und der dazu dient, verschlossene Räume zu öffnen oder vorher unpassierbare Bereiche zu erschließen. Der Cyberspace ist dabei aber genauso knallhart wie die virtuelle Realität, bietet aber auch reizvolle Belohnungen.
Was pixelt hier so schön?
System Shock hat in seinem Remake ein ausführliches Grafikupdate erhalten, das in einem leichten Pixel-Art-Stil gehalten ist. Dieser Artstyle baut eine gute Brücke zwischen aktueller Beleuchtungstechnik und hohen Auflösungen sowie dem Charme der alten Pixelklassiker. Dabei lief der Titel durchgehend mit 143 FPS auf WQHD und maximalen Einstellungen, was für einen angenehmen Spielfluss sorgt.
Hier gibt es was auf die Ohren
Auch das Sounddesign weiß zu überzeugen und kann sowohl actiongeladene Szenen mit wummernden Bässen als auch ruhigere Abschnitte mit leisen Tönen stimmig untermalen. Ein kleiner Wermutstropfen ist leider die fehlende deutsche Synchronisation, aber alle Unterhaltungen haben zumindest einen deutschen Übersetzungstext spendiert bekommen.
Fazit
Lange habe ich auf das System Shock Remake gewartet und damals schon voller Freude die erste Demo dazu gespielt. Und die lange Wartezeit hat sich durchaus gelohnt. Das Spiel wurde an den richtigen Punkten feinjustiert und umgekrempelt, um zumindest groben modernen Standards gerecht zu werden, allerdings auch ohne den Trends hinterherzulaufen. So konnte sich der Titel seine eigene Identität bewahren, was aber durchaus auch zur Frustration führen kann. Bestes Beispiel dafür sind die fehlenden Questmarker.
- Dichte Atmosphäre
- Packende Story
- Schicker Grafikstil
- Gute Performance
- Stimmiger Soundtrack
- Keine Questmarker
- Unübersichtliche Karte
- Kann frustrieren
Passionierter PC und Konsolenspieler. Fokus liegt auf Einzelspielererlebnissen