Wanted: Dead im Test - Schnetzeln wie die Großen
Wanted: Dead ist ein Mix aus Shooter und Hack-n-Slay-Action, der auch nicht mit Gore-Elementen geizt. Dabei ist das Ganze auch noch knackig schwer und besitzt völlig überdrehten Humor. Wie gut das zusammen passt, erfahrt ihr im Test.
Suicide Squad mit Neubesetzung
Als ehemalige Soldatin Hannah Stone führen wir ein Sonderkommando der Polizei an, dass so auch direkt für den Film Suicide Squad gecastet werden könnte. Jedes Mitglied ist ein (Kriegs-)Verbrecher und hat als letzte Chance auf Freiheit eingewilligt, sich als Teil einer Eingreiftruppe für die Polizei zu verdingen. Wir müssen als Leutnant das Kommando, das aus einem aggressiven Perversen, einem sozial verschrobenen Doktor und einem Taubstummen besteht, in der cyberpunkigen Welt zusammenhalten. Die persönlichen Hintergründe der Truppe sind dabei nicht bekannt oder enthüllen sich erst im Laufe des Spiels. Die Chemie innerhalb des Teams bleibt deswegen leider etwas auf der Strecke. Als Setting dient eine cyberpunkesque Version von Hongkong, die von Megacorps faktisch regiert wird. Wir geraten mitten in einen Plot, der die Machtverhältnisse der Stadt auf den Kopf stellt, in dem es eine der Firmen aus dem Rennen nimmt. Und wir versuchen als rechtschaffender Teil der Polizei die Lage unter Kontrolle zu bekommen und vorallem selber nicht unterzugehen. Für die Erzählweise bedient man sich an vielen Elementen aus Blade Runner und Cyberpunk 2077, zum Beispiel zunächst zusammenhanglose Erinnerungen oder Szenen unter Drogeneinfluss. Die verschiedenen Trailer oder Rückblenden im Spiel lösen die Verwirrung, die sich bezüglich der Handlung einstellt, nicht auf, sondern verstärken sie sogar eher noch. Dazu gibt es immer wieder abgedrehte Minispiele mit verschiedenen Hauptcharakteren.
Uncharted meets Sekiro
Aber was wirklich zählt ist ja das Gameplay, und darum soll es jetzt gehen. Den Großteil unserer Zeit nimmt der Kampf ein und der besteht aus einer Mischung aus Nahkampf-Angriffen mit Katana und Pistole und Fernkampf mittels unterschiedlicher Schusseisen. Dazu gibt es noch ein passendes Deckungssystem. Wer jetzt aber einen Deckungsshooter à la Uncharted erwartet, der hat weit gefehlt, denn ich habe nicht umsonst die Nahkampfangriffe zuerst genannt. Die Munition ist deutlich zu rar und schnell aufgebraucht, um lange Schussgefechte zu haben. Dass die meisten Gegner Bullet Sponges sind, begünstigt das Schießen auch nicht gerade. Es wird also eher in brenzligen Situationen oder um bestimmte Gegner gezielt auszuschalten geschossen. Die restliche Zeit schnetzeln wir uns mithilfe unseres Katanas durch die Menge. Die Pistole (die übrigens unendlich Schuss hat) dient nicht dazu, Schaden zu machen, sondern wird genutzt, um unsere Kombos zu verlängern oder Gegner kurz zu betäuben. Außerdem gibt es eine Parade- und Kontermechanik, die es uns erlaubt, Schaden zu verhindern, beziehungsweise Angriffe in Schaden für andere umzuwandeln. Die Darstellung ist dabei ziemlich blutig, aber wir bekommen coole Finisher und an sich fühlt sich das Ganze ziemlich badass an. Dass einige Inspiration von Ninja Gaiden und anderen Klassikern der PS2-Ära kommt, merkt man neben dem Blut- und Actionanteil auch am Schwierigkeitsgrad. Dieser ist nämlich ziemlich hoch, vor allem Nahkampfgegner können einen mit wenigen Hieben fällen. Und da wir es meistens mit mehreren Feinden gleichzeitig zu tun haben, muss man konstant aufpassen, weil wir sonst innerhalb von wenigen Sekunden unsere komplette Lebensleiste einbüßen. Da die Checkpoints teilweise sehr weit auseinander liegen, kommt es auch schonmal vor, dass wir einen viertelstündigen Abschnitt erneut spielen müssen. In Bosskämpfen wiederum ist das Spiel etwas gnädiger, denn bei jedem Phasenwechsel wird auch ein Checkpoint gesetzt. Und obwohl wir einen Elitesoldaten spielen fühlt sich der Charakter immer ziemlich zerbrechlich an und es gibt keine Möglichkeit unsere Lebensleiste wirklich zu erhöhen. Durch Finisher können wir immerhin einen kleinen Teil von kürzlich erlittenem Schaden wieder herstellen. Agrressiv sein lohnt sich also.
Nicht alles Gold was glänzt
Obwohl der Kampf der beste Part des Spiels ist, gibt es trotzdem Einiges auszusetzen. Zu jedem guten Punkt gibt es in Wanted: Dead auch leider mindestens einen Mangel. Das Deckungssystem ist ein wichtiger Aspekt, da es uns in hektischen Situationen einen Moment gibt, um durchzuschnaufen und Schäden durch den unendlichen Kugelhagel unserer Gegner zu minimieren. Die Abwesenheit eines Knopfes, um die Deckung zu nutzen, beziehungsweise zu verlassen, macht das Aufsuchen eben jener aber zu einer fitzeligen Angelegenheit. Wenn wir es in die Deckung geschafft haben und die Kamera so drehen, dass wir hinter unseren Charakter schauen, so steht dieser einfach auf, was die Deckung auch wieder obsolet macht.
Es gibt einen Skilltree, der in die drei Bereiche Angriff, Verteidigung und Unterstützung unterteilt ist und uns in die Richtung, die uns am ehesten zusagt, investieren lässt. Die erforderlichen Punkte zum Freischalten der einzelnen Skills erhalten wir durch das Ausschalten von Gegnern, durch Minispiele oder auch außerhalb der Missionen in der halboffenen Spielwelt. Leider fühlen sich viele der freischaltbaren Skills so an, als sollten sie bereits im Basisset der Bewegungen vorhanden sein, wie zum Beispiel ein Angriff aus dem Lauf oder die Möglichkeit, nach einer Parade einen Konter anzuschließen. Da wir kaum neue Skills lernen, sondern diese meist nur leicht verbessern, entwickelt sich der Kampf auch nur wenig weiter. Auch nach Stunden ist das Verhalten in den Gefechten daher noch sehr ähnlich. Das liegt unter anderem auch daran, dass sich auch die Gegner in nur wenige Gruppen einteilen lassen.
An den Checkpoints können wir unsere Hauptwaffe und Pistole editieren. Die verschiedenen Bauteile verändern dabei unter anderem die Werte von Präzision, Schaden und Mannstoppwirkung, was das Taumeln von Gegnern beeinflusst. Die Upgrades verschieben dabei aber nur Prozentwerte, geben also immer so viel, wie sie in einer anderen Spalte abziehen. Innerhalb der Level können wir sogar eine zweite Hauptwaffe vom Boden aufheben und benutzen. Modifizieren ist dann aber nicht möglich. Ebenfalls nicht modifizierbar ist unsere eigentliche Hauptwaffe, das Katana. Auch erhalten wir im Spielverlauf nie eine Auswahl an verschiedenen Schwertern oder anderen Nahkampfwaffen. Das ist in einem Spiel, das hauptsächlich auf diese Waffe und Kampfart ausgelegt ist, sehr schade.
Man kann nie wissen was einen erwartet
Außerhalb der Kämpfe können wir Dokumente finden, die uns kleine Nebenstories erzählen oder Hintergründe erläutern. Im Hauptquartier dürfen wir zudem mit vielen Charakteren reden, von denen die meisten aber nur Einzeiler wiederholen, manche aber auch interessante und relevante Dinge sagen. Es gibt allerdings keinen Weg, dies vorher vorauszusagen. Wenn man Arcade-Spiele mag, dann steht einem ein ganzer Raum davon zur Verfügung. Hier gibt es ein Greifhakenspiel oder man kann die Minispiele aus der Story erneut spielen. Innerhalb der Storyline kommen immer wieder Minigames wie rhythmisches Ramen essen, Karaoke oder ein Sidescroll-Bullet-Hell-Spiel vor, die überraschend gut umgesetzt sind. Hier ist ein Zugriff auch direkt über das Hauptmenü möglich.
Gute Atmosphäre gibt’s aber
Der Soundtrack kann durchaus überzeugen. Er besteht aus einem wilden Mix aus 60s-Synthiepop, Rock und klassischen Stücken (oder zumindest Teilen davon). Dadurch baut sich eine dichte und meist passende Atmosphäre auf. Die Synchronisation hingegen ist eher schwach. Die Charaktere reden meist emotionslos und in sehr unterschiedlicher Lautstärke und Qualität. Dies macht die Personen unnahbar und lässt einen wenig mitfühlen. Die Darstellung ist, wie bereits mehrfach erwähnt, sehr blutig, aber sehr gut umgesetzt. Die Animationen sind flüssig, was zu einem guten Flow beiträgt. Das Leveldesign ist interessant und detailliert, wenn auch schlauchig.
Fazit
Ich bin durch den Stil und die extravaganten Trailer auf den Titel aufmerksam geworden und den Humor und das Absurditätslevel konnte Wanted: Dead auf jeden Fall halten. Ich bin an sich nicht der Typ für Slasherspiele, aber mit der Zeit (und Upgrades) hat sich das Game immer besser angefühlt und konnte mich bei der Stange halten.
Der Titel bietet durchaus interessante Ideen, feuert diese aber am Anfang so schnell raus, dass der Pool bald erschöpft ist. Danach ist das Erkunden des Hauptquartiers schon das Interessanteste. Die starke Monotonie der Level und Story kann man einfach nicht ignorieren. Die Easter-Eggs und völlig unerwarteten Minispiele lockern die Stimmung aber immer wieder auf. Für jeden positiven Punkt gibt es leider auch einen Negativpunkt, der das Spielerlebnis eher Richtung Mittelmaß drückt. Eine Empfehlung kann hier nur für Fans des Genres ausgesprochen werden oder für Neulinge, die absurde Minispiele mögen und eine gewisse Toleranz gegenüber Monotonie und Frustration haben.
- Absurde Überraschungen
- Mit vollem Skilltree macht der Kampf richtig Laune
- Schnell eine starke Monotonie
- Schlechte Synchronisation
- Upgrades sollten Teil des Standardmove-Sets sein
Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.