Risen im Test: Überzeugt das Spiel nach 14 Jahren auf der Switch?
Mit Risen schafft es ein echter Klassiker aus Deutschland, der von Piranha Bytes entwickelt wurde und ursprünglich zu Xbox 360 Zeiten erschienen ist, nach 14 Jahren nun auch auf die Switch. Wie sich das klassische Fantasy-RPG auf der aktuellen Hardware schlägt, verraten wir euch im Test.
Ein Rollenspiel der alten Schule
Remakes, Remaster und Ports sind gerade angesagter denn je, sodass es nach und nach auch viele ältere Spiele auf die aktuelle oder die vorherige Konsolengeneration schaffen. So auch im Fall von Risen, das nun auch als Port auf Xbox One, Playstation 4 und Nintendo Switch erhältlich ist. Neben Gothic ist Risen sicherlich eine der populärsten Veröffentlichungen des Kult-Studios aus Bochum. Das klassische Rollenspiel mit Fantasy-Setting präsentiert sich dabei als Genrevertreter der alte Schule, mit einer sagenumwobenen Spielwelt, jeder Menge Magie und rohem Nahkampf sowie einer Fülle an Aufgaben und unterschiedlichen Charakteren. Dabei überzeugt das Spiel mit einer atmosphärischen und spürbar rauen Spielumgebung, in der wir uns im Rahmen von Quests und Dialogen für bestimmte Richtungen entscheiden können und damit den weiteren Handlungsverlauf und die folgenden Questreihen zumindest ein Stück weit beeinflussen. Auf diese Weise unterstützen wir auch die verschiedenen Fraktionen auf der Insel Faranga und können, je nach gewähltem Weg, unterschiedliche Fähigkeiten erlernen und unsere Figur weiterentwickeln. Mit unserem Handeln innerhalb der Quests stoßen wir gerne auch mal eine Gruppierung vor den Kopf, wenn wir die Wünsche einer anderen erfüllen. Auf moderne Bequemlichkeiten wie sichtbar markierte Questziele oder eine Minimap müssen wir in Risen komplett verzichten, wodurch wir uns auf ein klassisches Rollenspielerlebnis freuen dürfen, bei dem unser Orientierungssinn gefordert ist und wir uns auf eine Kompassnadel, auf Straßenschilder oder auch auf unsere Erinnerung verlassen müssen.
Ein neuer Sherrif ist in der Stadt
Die bereits erwähnte Insel ist Schauplatz unseres Abenteuers, nachdem wir als Schiffbrüchiger auf ihr gestrandet sind. Wie wir bald erfahren, ist eben jener Ort im Visier einer mysteriösen Organisation, genannt “Die Inquisitoren”, die seltsame Vorkommnisse auf dem vulkanischen Eiland untersuchen will. So tauchten überall auf der Insel wie aus dem Nichts alte Ruinen und Tempel aus einer längst vergangenen Zeit auf und mit ihnen unzählige aggressive Kreaturen, die die Einwohner terrorisieren und die Umgebung verschandeln. Aufgrund der Tatsache, dass außer uns und unserer Begleiterin Sara offenbar niemand das Schiffsunglück überlebt hat, sind wir nun auf uns allein gestellt und können die Mysterien des Ortes nur auf eigene Faust entschlüsseln. Da wir als blinder Passagier auf dem Schiff der Inquisition mitgefahren sind, wissen wir nur wenig über die Machenschaften der “Weißen” und decken hier im Spielverlauf weitere finstere Details auf, die das gesamte Ausmaß der merkwürdigen Geschehnisse auf der Vulkaninsel deutlich machen. Hierfür müssen wir uns nach und nach bei unterschiedlichen Gruppierungen einen Namen machen, um mehr über die Umstände vor Ort zu erfahren, neue Questareale freizuschalten und alle Aspekte der ansonsten von Beginn an frei zugänglichen Welt verstehen zu können. Aufgrund der teils sehr festgefahrenen politischen und gesellschaftlichen Strukturen auf der Insel stellt sich dieses Unterfangen allerdings als weitaus schwieriger heraus, als es auf den ersten Blick scheint, denn Korruption, Machtgier und Unterdrückung sind auf Faranga wahrlich keine Fremdwörter.
Ein sichtbarer Schritt nach vorne
Schon in der Introsequenz und zu Beginn des Spiels wird klar, dass der Port verschiedene Verbesserungen mitbringt, die dem leicht angestaubten Titel eine wertige und halbwegs zeitgemäße Optik verleihen. So sehen die Cutscenes und die Spielwelt an sich deutlich besser aus als zu Xbox 360 Zeiten. Sowohl die Figuren als auch die Umgebung können sich auf der Switch im großen und ganzen sehen lassen und und sorgen ab der erste Sekunde für eine dichte Fantasyatmosphäre. Auch Umweltereignisse wie der strömende Regen bei unserer Ankunft oder die sich im Wind bewegende Vegetation machen eine gute Figur, ebenso wie die gelungenen Licht-, Rauch- und Feuereffekte, die uns das eigentliche Alter des Titels häufig vergessen lassen. Wenn man die etwas hakeligen Bewegungen im Kampf, die steifen Gesichtszüge oder auch die recht groben und gerade in einiger Entfernung ziemlich verschwommenen sowie spät ladenden Texturen betrachtet, lässt sich dieses aber eben doch nicht komplett leugnen. Hinzu kommt eine hervorragende deutsche Vertonung, die auch schon in der Ur-Version überzeugen konnte. Die übersichtliche Menüführung und intuitive Tastenbelegung sind weitere Pluspunkte des Ports, wodurch wir schnell Zugriff auf unser Inventar, auf die Karte oder auch auf unser Quest- oder Fähigkeitenmenü haben. Per Schnellzugrif über Schultertaste, Steuerkreuz und klassische Controllertasten stehen uns acht frei belegbare Plätze zur Verfügung, die wir zum Beispiel für Heiltränke, Nahrung oder nützliche Items wie Fackeln nutzen dürfen, um jederzeit bequem darauf zugreifen zu können.
Eine ausgewogene Mischung aus Magie und Kampf
Das Nahkampfsystem des Spiels beschränkt sich weitestgehend auf eine Angriffs- und eine Parrierentaste und wirkt damit aus heutiger Sicht schon etwas unflexibel. Ein stumpfsinniges Draufhauen mit Schwert, Kampfstab, Knüppel oder ähnlichem ist aber in den meisten Fällen dennoch nicht zu empfehlen, da sich die Feinde sonst mit Konterattacken zur Wehr setzen und uns damit in Bedrängnis bringen. Daher sollte das Parieren keinesfalls vernachlässigt werden, gerade bei stärkeren Gegnern, sodass das auf den ersten Blick recht simple Kampfsystem doch einige interessante Aspekte zu bieten hat. In Kombination mit Fernwaffen wie Bogen und Armbrust sowie mit den Zaubern, die wir im Laufe unserer Reise erlernen, werden die Kämpfe dann aber doch noch etwas spektakulärer, gerade auch optisch. Welche Zaubersprüche uns zur Verfügung stehen, hängt ein Stück weit davon ab, bei welcher Fraktion wir in die “Lehre” gehen, denn hier warten gleich drei Möglichkeiten auf uns. Während wir bei den Magiern erwartungsgemäß aus dem Vollen schöpfen und als Krieger des Ordens wenigstens noch einen Teil der magischen Fertigkeiten erlernen, müssen wir uns als Bandit auf Spruchrollen verlassen, um zumindest ein Grundrepertoire an Zaubern nutzen zu können. Im Spielverlauf lernen wir außerdem nützliche Fähigkeiten wie Telepathie oder das Knacken von Schlössern, um verlassene Truhen oder verschlossene Türen zu öffnen. Vom Schwierigkeitsgrad her sollte man Risen im Übrigen keinesfalls unterschätzen, da die Kämpfe hier, gerade dann, wenn unsere Ausrüstung nicht die allerbeste ist, schon ziemlich fordernd sein können, und zwar sowohl gegen menschliche Gegner als auch in der Wildnis. Glücklicherweise lassen sich die Auseinandersetzungen bei Bedarf meistens umgehen und die Feinde, die uns auch sehr lange und hartnäckig verfolgen, auf die eine oder andere Art überlisten. Leider bekämpfen sich Wildtiere beispielsweise nicht gegenseitig, sodass wir hier unter Umständen eine ganze Horde an Getier hinter uns her ziehen, bis wir eine sichere Umgebung erreichen. NPCs sind dagegen durchaus bereit, uns beim Kampf gegen die zahlreichen Raubtiere zur Seite zu eilen und sie für uns in die Flucht zu schlagen.
Eine stimmige Atmosphäre
Die Umgebung an sich kreiert mit dichtem Pflanzenwachstum, zahlreichen wilden Tieren und auch mit NPCs mit erkennbarem Tagesablauf eine passende Stimmung für unser Fantasyabenteuer, die recht spärlich eingerichteten Häuser und Festungen lassen dann aber doch erahnen, dass hier zu Releasezeiten im Jahr 2009 etwas auf die Performance geachtet werden musste. Was Risen hingegen, auch vom heutigen Gesichtspunkt her, hervorragend gelingt, ist das Schaffen einer abwechslungsreichen und natürlich wirkenden Spielwelt, bei der Siedlungen, Befestigungen und natürliche Areale sehr harmonisch ineinander übergehen, sodass sich die Fortbewegung wie ein echter Spaziergang anfühlt. Auch die Verschmelzung von klassischem Mittelaltersetting, bei dem feindliche Schwertkämpfer und Wildtiere wie Wölfe und Raubvögel echte Bedrohungen darstellen, mit den verschiedenen übersinnlichen Elementen gelingt hier wirklich sehr gut, sodass sich der Magieaspekt zu keiner Zeit aufgesetzt oder unnatürlich anfühlt. Eine weitere Begebenheit, die heute zum Standardrepertoire gehört und auch in Risen schon in Perfektion umgesetzt wurde, ist das direkte Reagieren der NPCs auf unsere Handlungen. So sind die Einwohner der Insel alles andere als erfreut darüber, wenn wir mit gezückter Waffe durch besiedelte Dörfer marschieren oder, wenn wir uns in Arealen aufhalten, in denen wir nichts verloren haben. Das Angreifen und Töten einzelner NPCs oder auch andere verbotene Aktionen wie Diebstähle können sogar dauerhafte Probleme verursachen und uns den einen oder andere Weg verbauen oder erschweren. Abgerundet wird die gelungen inszenierte Atmosphäre durch einen authentischen Tag- und Nachtwechsel, der uns die Umgebung zu unterschiedlichen Uhrzeiten erleben lässt, was zum Beispiel auch einen Einfluss darauf hat, wo wir bestimmte Charaktere antreffen.
Jede Menge Freiheit
Von Anfang an vermittelt uns Risen auch ein besonders großes Maß an Freiheit, denn eine wirkliche Hauptquest, die quasi automatisch mitläuft und an der wir uns immer orientieren können, gibt es eigentlich so nicht. Stattdessen müssen wir mit den Bewohnern der Insel reden, viele verschiedene Arten von Arbeiten und Aufgaben übernehmen und uns auf diese Weise Schritt für Schritt zu den wichtigen Personen und Gruppierungen durchschlagen, die uns auch in der Geschichte weiterbringen. Da wir hier keinen strikten Erzählstrang vorgegeben haben und wir uns ja auch, wie oben erwähnt, unterschiedlichen Fraktionen anschließen können, liegt es zu einem großen Teil an uns, wie wir Risen erleben. Die Welt um uns herum bietet in jedem Fall auch abseits der Handlung und Quests jede Menge interessante Orte, die wir erkunden und nach nützlichen Items oder Materialien durchsuchen können. Auch lassen sich Questziele sehr häufig auf unterschiedliche Art und Weise erreichen, mal mit roher Gewalt, mal mit den richtigen Dialogoptionen, mal mit Bestechung oder einem Gefallen für die richtige Person, sodass wir auch hier mehrere Möglichkeiten nutzen und unseren eigenen Weg wählen können. “Weg” ist hier genau das passende Stichwort, denn auch bei der Suche nach einem Zugang zu bestimmten Arealen stehen uns oftmals mehrere Optionen und auch Laufwege zur Verfügung, was uns dazu einlädt, die Umgebung genau zu untersuchen und nach Alternativen zur offensichtlichen Herangehensweise Ausschau zu halten.
Fazit:
Risen präsentiert sich auf der Switch in seinem besten Gewand und bietet dank gelungener Optimierungen nun auch jüngeren Fantasyfans die Chance, diesen Klassiker der (deutschen) Videospielgeschichte in überzeugender Qualität zu erleben. Aber auch alte Hasen, die den Titel noch einmal neu entdecken möchten, sind hier an der richtigen Adresse, denn der Port lässt das Original sowohl von der Optik als auch von der Bedienbarkeit her deutlich hinter sich. Alle bekannten Stärken, wie die großartige Spielwelt, die große Freiheit bei der Gestaltung des Abenteuers oder auch die dichte und raue Mittelalteratmosphäre bleiben selbstverständlich erhalten und machen klar, warum Risen ein echter Meilenstein des Genres ist. Das recht einseitige Kampfsystem, die steifen Animationen und auch die verwaschenen Texturen werden heutigen Ansprüchen natürlich nicht mehr ganz gerecht, aber der Titel hat nunmal auch schon 14 Jahre auf dem Buckel. Wer ein wenig in Nostalgie schwelgen und einen herausfordernden und abwechslungsreichen Genreprimus der Vergangenheit erleben will, sollte sich die Neuauflage in jedem Fall nicht entgehen lassen.
- Rohe Fantasywelt mit dichter Atmosphäre
- Jede Menge Freiheit bei der Herangehensweise
- Stimmungsvolle Landschaft mit natürlichen Übergängen zwischen unterschiedlichen Arealen
- NPCs reagieren auf unsere Handlungen und Entscheidungen
- Mehrere Fraktionen, die sich auch gegeneinander ausspielen lassen
- Oftmals mehrere Lösungswege möglich
- Gelungene Switch-Umsetzung sorgt für überzeugendes Spielerlebnis, trotz des Alters
- Sichtbar verwaschene Texturen, steife Bewegungen und hölzerne Mimik
- Recht einseitiges und angestaubtes (Nah-) Kampfsystem
- Hier und da ein (frustrierend) hoher Schwierigkeitsgrad
- Das Fehlen moderner Bequemlichkeiten erschwert den Zugang für Neueinsteiger
Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.
Kommentare
Robert am 4. August 2023 um 12:09
Ist das Spiel bie Ihnen auch so dunkel`? Bei Nacht oder in Höhlen ist sowohl auf der Switch- als auch im Docked Modus am Fernseher so gut wie nichts zu erkennen. Ich würde es fast als unspielbar bezeichnen.
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Daniel(Team) am 7. August 2023 um 07:30
Hi, also in den Höhlen und im Dunklen war Risen schon im Original sehr dunkel und in Anbetracht der Tatsache, dass es ein Port und kein Remake ist und das Spiel schon einige Jahre auf dem Buckel hat, ist das in meinen Augen mehr als verschmerzbar. Von unspielbar ist es meiner Meinung nach aber weit weit entfernt - gerade mit Fackeln funktioniert das dann im Dunkeln ohne größere Probleme.
Danke für den Kommentar! LG Daniel
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Robert am 26. August 2023 um 16:56
Hi Daniel, ich habe es nun durchgespielt und wirklich genossen - Fackeln und Lichtzauber haben echt geholfen. Ich hoffe, dass auch noch Teil 2 und 3 auf die Switch kommen. Ich glaube, dass das Problem bzgl. der Dunkelheit ist, dass man vor 14 Jahren auf TN-Panels gezockt hat und nun auf IPS oder OLED, die beide einen besseren Schwarzwert haben :-D
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Daniel Walter(Team) am 28. August 2023 um 17:14
Freut mich, dass du letztlich doch noch warm damit geworden bist. Gerade Teil 3 würde mich auch sehr stark reizen als Port, vielleicht tut sich ja was...LG Daniel
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Andreas am 20. August 2023 um 06:26
Habe das Spiel im vierten Kapitel jetzt abgebrochen; zu dunkel, zu eintönig und auch teilweise zu schwer für einen unfreiwilligen Schwertkämpfer, da bei Fernwaffen keine Gestensteuerung und das Ziel anvisieren mit Analogstick unerträglich; in der zweiten Hälfte des Spiels fiel auch regelmäßig die Sprachausgabe aus und beim Laden hängt sich das Spiel dann auch recht oft auf. Controllerbelegung nicht einstellbar und ein klein wenig ätzend: etwa Blocken auf B und aufpassen, dass ich nicht mit dem Daumen an den Analogstick komme, und man blockt im Kampft die ganze Zeit und die Gegner auch, immer die gleichen Gegner, dunkle Echsenkrieger (vielleicht auch mal ein untoter Echsenelitekrieger, oder nur ein Echsenspäher) in dunkler Umgebung aber ich sehe sowie schon wieder nichts, kämpfe blind weiter, weil schon wieder beim Blocken, den Analogstick ein klein wenig..., nein, nichts wie raus hier....
Fazit: keine Lust mehr auf einen Gothicport für die Switch, der da kommen mag...(und ich liebte Gothic, vielleicht war ich damals aber auch einfach nur viel leidensfähiger als heute, naja...)
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