Paper TrailPaper Trail
Review

Paper Trail im Test: Der Weg ist doppelseitig

Von Simone Jung am 12. Juni 2024. Getestet auf Xbox Series S/X. Zum Spiel hier klicken.

Was im Alltag der digitalen Zeit immer weniger wird, dem widmet sich das britische Entwicklerstudio Newfangled Games in Paper Trail recht ausführlich. Die Rede ist von Papierfaltungen, denn in dem Puzzle Adventure für die gängigen Plattformen darf nun umgeschlagen, geblättert und geknickt werden, was das Zeug hält. Ob dieses Rätsel-Konzept in ein Faltkunstwerk wie bei einem Origami oder in ein Knickchaos wie bei manchem Medikamentenbeipackzettel mündet, entfaltet sich für euch in unserem Test.

Mit Eselsohren ab zur Uni

Die junge Paige hegt einen Traum: Sie möchte auf die Universität in der entfernten Stadt gehen und dort Astrophysik studieren. Doch dies gestaltet sich deutlich schwieriger als es sich zunächst anhört. Nach einer Familientragödie wird sie nämlich so sehr überbehütet, dass sie ihre Heimat nicht verlassen kann. Zwar ist es durchaus nachvollziehbar, dass ihre Eltern sie zu ihrem eigenen Schutz nicht in die große, feindliche Welt ziehen lassen wollen, jedoch engt dies Paige viel zu stark ein. Auf der Suche nach Freiheit und vor allem, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen, nimmt sie schließlich des Nachts heimlich Reißaus. So ganz unrecht hatten ihre Eltern allerdings nichts, denn auf der langen Reise warten einige knifflige Herausforderungen nur darauf, den Weg desjenigen gnadenlos zu versperren, der sie nicht meistern kann. Zum Glück besitzt Paige aber eine außergewöhnliche Gabe. Sie kann in ihrer direkten Umgebung Knicke in das Raum-Zeit-Kontinuum hineinbringen und dadurch neue Begebenheiten schaffen. Der eine oder andere sonst verborgen gebliebene Pfad deckt sich somit auf – und bringt das Ziel stets ein Stückchen näher.

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Knick in der Optik

In Paper Trail bildet das zentrale Element - wenig überraschend - Papier. Neben dem Spieltitel greift auch der Name unserer Hauptfigur Paige schon direkt die Thematik auf, denn er erinnert an das englische Wort page für Seite. Weiterhin wird die Spielwelt komplett über Papierseiten abgebildet. Passend hierzu bewegen wir uns innerhalb einer zweidimensionalen Darstellung auf eben jenen Blättern fort, ähnlich wie bei Carto oder den Tagebuchabschnitten von Lost Words. Die Optik selbst wartet mit einem charmanten Comic-Look auf, welcher die neun Gebiete wie den See, die Herbstwelt oder die vertikale Stadt mit den vorherrschenden Leiterzugängen in ihrer Charakteristik schön präsentiert.

Stimmungsvoll untermalt wird die Atmosphäre von einer leisen und melodischen Musik, die ihre Wirkung allerdings eher im Hintergrund entfaltet. Die englisch-sprachige Synchronisation unserer Protagonistin ist wirklich gut gelungen und fügt sich ebenfalls hervorragend in das Gesamtbild ein. Alle anderen Charaktere, die Paige auf ihrer Reise trifft, haben dagegen nicht in dieser Form eine Stimme erhalten. Stattdessen lassen die Sims grüßen, denn genau wie sie grummeln die NPCs nur in einem unverständlichen Kauderwelsch vor sich hin. Obwohl eine englische Sprachausgabe vielleicht noch ein wenig besser die Stimmung mitgetragen hätte, empfanden wir die Nuschel-Fraktion aber nicht als störend.

Das Erzähltempo von Paper Trail ist stets von ruhiger Natur. Uns begegnet an wirklich keiner Stelle in irgendeiner Form Zeitdruck. Sowohl Paige als auch die Papierfaltungen lassen sich sehr gut und griffig steuern, auch wenn unsere Protagonistin manchmal etwas verzögert auf unsere Eingaben reagiert. Aber abgesehen davon, dass Paige in solchen Fällen zunächst am Ziel vorbei läuft und man eben wieder einen Schritt zurückgehen muss, hat dies keinerlei negative Auswirkungen und zerstört auch den Spielfluss nicht.

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Alter Falter

Die Welt von Paper Trail erstreckt sich sowohl über die Vorder- als auch über die Rückseite der einzelnen Papiere. Während sämtliche Bewohner nur auf der ersteren Ansicht verweilen und daher lediglich diese als Lebensgrundlage kennen, sind wir durch Paiges Gabe dazu in der Lage, dort Teile der verborgenen Hinterseite einzufügen. Es ist also alles eine Frage der Perspektive, denn es umgeben uns in der Tat mehr Möglichkeiten als es zunächst den Anschein hat. Ähnlich wie bei den Falträtseln der Escape-Room-Brettspiele für Zuhause ergibt sich dadurch das eine oder andere Aha-Erlebnis.

Das Raum-Zeit-Kontinuum von Paper Trail können wir verändern, indem wir die langen und kurzen Seiten sowie die Ecken eines Blattes umknicken. Auch Kombinationen davon sind denkbar. Allerdings können bereits umgeschlagene Stellen nicht noch ein weiteres Mal gefaltet werden. Außerdem ist das Umknicken auch nur möglich, solange wir nicht selbst oder bestimmte Hindernisse beschwerend im Weg stehen. Zumeist finden wir ein Rätsel pro Seite vor, das gelöst werden will, damit wir einen weiterführenden Pfad auftun. Es ist aber auch möglich, dass sich die Problemstellung über mehrere Papierbögen erstreckt.

Die zu lösenden Aufgaben sind fortwährend abwechslungsreich gestaltet. So beginnt es damit, dass wir eine Wegstrecke der Rückseite, ähnlich wie im Brettspielklassiker Das verrückte Labyrinth, richtig herum auf der Vorderseite anlegen müssen, um voranzukommen. Darüberhinaus müssen wir vorhandene Elemente miteinbeziehen. Es gilt beispielsweise Würfel unter Berücksichtigung der Augenzahl so nebeneinander zu platzieren, dass sich eine passierbare Brücke bildet, Steine aus dem Weg zu rollen oder Statuen zu einer bestimmten Stelle zu manövrieren. Diese Rätselelemente werden gerne miteinander verknüpft und begegnen uns durchgängig in unterschiedlichen Ausprägungen. Absolut positiv zu betonen ist hierbei, dass bis zum Ende hin neue Spielmechaniken eingeführt werden.

It’s my fold

Der Schwierigkeitsgrad der Falträtsel ist in einem angenehmen Maße fordernd. Wir rushen nicht einfach so durch, sondern müssen schon ein wenig überlegen und um die Ecke denken, ohne aber dabei einer zu hohen Frustgefahr ausgesetzt zu sein. Haben wir dennoch einmal einen Hänger, können wir auf eine sehr schön gestaltete Hilfsfunktion zurückgreifen. Hier spulen wir nach eigenem Ermessen die notwendige Faltsequenz vor und zurück. Doch diese Hilfestellung kaut uns den Lösungsweg nicht in Gänze vor. Sie dient eher als guter Stichwortgeber, denn wir müssen trotzdem weiter über die Lösung nachdenken und die Zwischenschritte selbst herausfinden. Zu diesen Hinweisen dürfen wir außerdem jederzeit per Tastendruck auf die Rückseite linsen, um uns einen Überblick zu verschaffen, welche Möglichkeiten uns dort zur Verfügung stehen.

Der eine oder andere Blick auf das Verborgene lohnt sich des Weiteren auch abseits des Hauptwegs. Insbesondere Trophäenjäger können nämlich die Augen nach versteckten Sammelgegenständen offen halten, denn pro Gebiet lässt sich eine bestimmte Anzahl an Origami entdecken. Um diese zu ergattern, ist allerdings das Absolvieren eines weiteren Falträtsels notwendig.

Paiges sechs- bis achtstündige Reise beinhaltet aber nicht nur die Denkaufgaben in den einzelnen Gebieten. Ihre Geschichte wird zwischen den Bereichen ebenfalls weiter zu Papier gebracht. In einer absolut stimmigen Umsetzung hat die Knickmechanik auch in den Zwischensequenzen Einzug erhalten. So decken wir unter anderem nach und nach den Grund dafür auf, warum ihre Mutter und ihr Vater zu so extremen Helikopter-Eltern mutiert sind. Die emotionale Erzählung ergänzt den Rätselspaß harmonisch und sorgt dafür, weiter am Ball bleiben zu wollen. Ebenfalls sehr gut gefallen hat uns die Präsentation im Epilog. An der Stelle verraten wir aber selbstverständlich nicht mehr, um Spoiler zu vermeiden.

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Fazit

Paper Trail wartet mit einer kreativen Spielidee rund um Papierfaltungen auf. Diese Spielmechanik erhält in einer schönen, konsequenten Umsetzung sowohl bei den Rätseln als auch bei den Zwischensequenzen Einzug. Auch die Spielwelt besteht passend zur Grundthematik aus Papierseiten und wird in einer charmanten 2D-Comic-Optik in abwechslungsreichen Gebieten präsentiert. Die Arbeit der Synchronsprecherin für die Protagonistin Paige fügt sich hervorragend in das Gesamtbild ein, genauso wie das Gemurmel der NPCs, obwohl sie im Gegensatz zur Hauptfigur nur in einem Sims-ähnlichen Kauderwelsch kommunizieren. Sowohl die emotionale Geschichte als auch die interessanten Rätsel harmonieren gut miteinander und sorgen in ihrer Kombination für einen schönen Spielsog. Das Einfügen der Rückseite in die Vorderseite eines Blattes zur Rätsellösung gestaltet sich angenehm knifflig, so dass man zwar um die Ecke denken, aber nicht frustriert aufgeben muss. Findet man doch einmal keinen Ansatz, greift eine nach eigenem Belieben verwendbare Hilfsfunktion sehr gut unter die Arme, ohne den Lösungsweg komplett vorwegzunehmen. Zudem herrscht durchweg kein Zeitdruck. Des Weiteren ist die Steuerung durchweg griffig, auch wenn Paige vereinzelt etwas zeitversetzt, aber ohne negative Auswirkungen auf unsere Eingaben reagiert. Mir persönlich hat das Spielkonzept von Paper Trail wirklich sehr gut gefallen und ich kann es Rätselliebhabern absolut empfehlen.

Pro:
  • Emotionale Geschichte
  • Gelungene Synchronisation der Protagonistin
  • Charmante 2D-Comic-Optik in allen Gebieten
  • Verwendung von Papierfaltungen als kreative Spielidee
  • Faltmechanik auch in den Zwischensequenzen
  • Rätsel zum Um-die-Ecke-denken mit angenehm forderndem Schwierigkeitsgrad
  • Neue Spielelemente bis zum Schluss
  • Kein Zeitdruck
  • Sehr schön gestaltete Hilfsfunktion für Rätsel
Contra:
  • Steuerung manchmal etwas zeitversetzt
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
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Unsere Wertung: 10.0 / 10
TestingBuddies Award Gold
Spiel getestet auf: Xbox Series S/X
Simone Jung

Simone Jung

Konsolenzockerin seit der Kindheit, bevorzugt auf der PlayStation. Zu den Lieblingsspielreihen gehören Grandia, Project Zero, Tomb Raider, Uncharted und Tekken, aber es finden auch gerne mal Indie-Titel den Weg auf den Bildschirm.

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